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Gesellschaftliche Ursachen

Stellenwert der Geburt

Die Geburt eines Kindes ist ein Wendepunkt im Leben. Vieles ändert sich sehr plötzlich, und die Eltern, insbesondere die Mutter, müssen eine enorme Anpassungsleistung erbringen. An solchen Wendepunkten sind wir für Krisen besonders anfällig. Dieser Tatsache wird in unserer Gesellschaft zu wenig Rechnung getragen. Von Müttern wird oft erwartet, dass sie wenige Tage nach der Geburt bereits wieder zum Alltag übergehen, beispielsweise den Haushalt wie bisher perfekt schmeissen. Andere Kulturen tragen diesem Umstand Rechnung, indem sie die frischgebackene Mutter umsorgen und vom Alltag abschirmen.

Schwerarbeit Kinderbetreuung

In unserer Gesellschaft ist oft die Mutter allein oder allenfalls in Ablösung mit dem Vater für die Kinderbetreuung zuständig. Wer es selber nicht erlebt hat, kann sich in der Regel kaum vorstellen, was es bedeutet, ein Baby oder Kleinkind rund um die Uhr zu betreuen. Das bisschen Windeln wechseln und Füttern kann ja nicht so anstrengend sein, denkt man. Tatsächlich ist die Betreuung kleiner Kinder emotionale Schwerarbeit, auch bei sogenannt «einfachen» Kindern. Man ist sogar in den Pausen und in der Nacht dauernd auf Abruf, man muss sich ständig in die wechselnden Gefühle der Kinder einfühlen und ihre Bedürfnisse befriedigen. Das erfordert viel emotionale Energie und zerstückelt die eigenen Gedanken. Schafft es eine Mutter nicht, sich geschützte Räume für sich selber zum Auftanken zu schaffen, führt das zwangsläufig in eine Krise.

Mutterbilder – Muttermythos

Mütter sind in unserer Gesellschaft gering geschätzt und werden gleichzeitig mit Erwartungen überfrachtet. Alles, was mit der Muttertätigkeit zusammenhängt, gilt als langweilig. Ist die Mutter zusätzlich erwerbstätig, haftet ihr der Verdacht der Rabenmutter an. Ausserdem erwartet das Umfeld (und nicht selten sogar die Frau selbst), dass die Mutter alles jederzeit im Griff haben muss, einen perfekten Haushalt führt, sich für ihre Familie aufopfert, schlank und sexy aussieht, eine berufliche Bilderbuchkarriere vorweisen kann, und in all dem erfüllt und zutiefst glücklich sein muss. Die Ansprüche sind von allen Seiten sehr gross, gleichzeitig ist der Spielraum gering – es gibt nach wie vor zu wenig Teilzeitstellen und Betreuungsplätze in der Schweiz. Will eine Mutter alles unter einen Hut bringen, ist sie oft im Dauerstress und hat das Gefühl, in allen Bereichen zu versagen.

Ideal und Realität

Viele Frauen und Männer wünschen sich heute in westlichen Gesellschaften eine gleiche Aufteilung von Erwerbs-, Betreuungs- und Hausarbeit. Die Statistik widerspricht aber diesem Wunsch: Nach wie vor leisten die Frauen den Hauptteil der Hausarbeit und die Männer den Hauptteil der Erwerbsarbeit – je mehr Kinder ein Paar hat, umso ausgeprägter. Die Ankunft eines Kindes führt also oft auch zu einem schmerzhaften Abschied von den ursprünglichen Idealvorstellungen bezüglich Rollenteilung.

Frauenspezifische Verhaltensmuster

Frauen leiden doppelt so häufig an Depressionen wie Männer, da sie dazu neigen, Probleme auf der Beziehungsebene zu lösen und sich daher mehr Sorgen zu machen. Ausserdem wird Frauen in unserer Gesellschaft eine geringere Bandbreite an Verhaltensweisen zugesprochen als Männern. Gefühle wie Wut und Aggression, die bei frischgebackenen Müttern durchaus normal sind, werden Frauen in der Regel nicht zugestanden.

Viele Frauen haben in unserer Gesellschaft Selbstwertprobleme oder einen hohen Perfektionsanspruch. Kommt beides zusammen, führt dies rasch zu Gefühlen von Schuld und Versagen.

Kinderfeindliche Umgebung

Kinder haben in unserer Gesellschaft wenig Freiräume und werden wenn möglich von der Erwachsenenwelt ferngehalten. Wagt sich eine Mutter mit einem kleinen Kind in ein Tram, einen Bus oder ein Warenhaus, wird sie manchmal mit wütenden Blicken bedacht, wenn das Kind weint, die Windeln riechbar voll hat oder der Kinderwagen zu viel Raum beansprucht. Auch der kinderlose Freundeskreis hat kaum Erfahrung im Umgang mit Kindern und deshalb wenig Verständnis. Vielen Müttern gelingt es nicht, negative Blicke oder Äusserungen an sich abprallen zu lassen. Sie sind für sie ein zusätzlicher Stressfaktor.